Donnerstag, 31. März 2016

Das Fischerdörfl


Ein 'vergessenes' Dorf


Fischerhaus im ehemaligen Fischerdörfl im Schloßpark Laxenburg
Das „Fischerdörfl“ ist einer der ‚vergessenen‘ Plätze im Schloßpark Laxenburg. Nur wenige Besucher verirren sich dort hin, obwohl gerade diese Stelle zu den besonders romantischen Platzerl‘n im Park zu zählen ist. Ich geb‘s ja zu, ein Fischerdorf ist dort auch wirklich nicht zu sehen, auch kein Fischerdörfl, nicht einmal eine einfache Fischerhütte.

An einer Stelle, gleich unterhalb der nach diesen ‚Fischerdörfl‘ benannten Brücke, zweigt vom Forstmeisterkanal ein Wasserlauf ab, der sich danach in drei Arme teilt. Über Felsbrocken ergießen sich munter zwei der Bächlein in verträumte, natürlich künstlich angelegte Wasserfälle. Der Platz sieht einfach nur romantisch aus!







Um zu den kleinen Brücken zu kommen, die erst vor wenigen Jahren wieder neu errichtet wurden, muß man allerdings zuerst über die ‚grüne Wiese‘ latschen, denn ein befestigter Weg existiert nicht. Nach Überqueren der ersten Brücke kann man über eine weitere Brücke zu den Felsen und bis zum Forstmeisterkanal gelangen.

Im Gegensatz zur Gegenwart war dieser Platz zur Zeit der Jahrhundertwende (vom 18. zum 19. Jahrhundert) jedenfalls ein oft und vielbesuchter Ort.
 
Diese „Abzweigung“ vom Kanal war selbstverständlich nicht naturgegeben. Sie wurde genau geplant, denn an dieser Stelle sollte ein „Fischerdörfchen“ entstehen. Die Idee dazu wird der zweiten Gattin Kaiser Franz II./ I., der ideenreichen Kaiserin Marie Therese zugeschrieben. Entstanden ist dieses Fischerdörfl 1798. In einem Dokument im Haus- Hof- und Staatsarchiv (HHStA, SHLB, Fasz. 1, Nr 3/1798, 29. März 1798) kann man lesen:

„… In der Gegend des großen Kanals, alwo Ihre Majestäten zu fischen pflegen, eine Paraque zum Unterstand für die allerhöchsten Herrschaften, ein paar kleinere zu Retiraden, dann eine zur Unterbringung der Fischerey-Gerätschaften und eine für die Fischerknechte nach dem von Seiner Majestät benehmigten Plane errichtet.“

Johann Pezzl hat in seinem 1807 erschienenen Buch „Die Umgebung Wiens, als zweyter Theil der Beschreibung von Wien.“ diese Anlage recht genau beschrieben:

„Es enthält einen Fischertempel, zwey etwas größere und in einiger Entfernung, unter Gebüschen, mehrere kleine Hütten. Der ländliche und ärmliche Tempel besteht aus einer mit Rohr bedeckten Kuppel, die auf acht ganz natürlichen Baumstrünken ruht; die Verzierung desselben besteht aus mehreren zum Fischfange nöthigen Geräthschaften, als da sind: Fischreusen, Garne, bemahlte Ruderstangen u.s.w. Die Stelle des Opfertisches versieht eine bedeckte Wasserkuffe. Das größere Fischerhaus enthält ein sehr niedliches verziertes Zimmer, auf dessen Tisch die ganze Anlage dieses Fischerdörfchens in Miniatur abgebildet ist. Die Fensterladen sind mit Karrikaturen von niedrigen Leidenschaften bemahlt. Vor dem Haus hangen an Bäumen verschiedene zur Fischerey gehörige Werkzeuge. Das kleine Fischerhaus hat ebenfalls ländliche Verzierungen, und inwendig eine bequeme Ottomane.“

Johann Pezzl erwähnte lediglich die Malereien auf den Fensterläden des Fischertempels. Franz de Paula Gaheis interpretiert in seiner Beschreibung dieses Fischerdörfchens (zu lesen in „Wanderungen und Spazierfahrten in die Gegenden um Wien“, Wien 1807) sogar die möglichen Bedeutungen dieser „Carricaturen“:

 „Von außen stellen die offenen Fensterbalken gemahlte Bilder, und diese Carricaturen vor, welche vermuthlich die niedrigen Leidenschaften: Betrunkenheit, Trägheit, Zanksuchet, Neid, Hoffart, uns so weit. Anzeigen.“

Außerdem erwähnt und beschreibt Gaheis recht genau den originellen Luster, der in diesem Fischerhaus gehangen hat:

 „Der Hängeleuchter ist eine gläserne Halbkugel mit Wasser, worin sich lebende Fische aufhalten.“

Sabine J. S. Bardenhofer-Paul geht in ihrer an der Uni Wien eingereichten Diplomarbeit „A Museum, wo a gaunzes Dorf ausgstöllt is!“ näher auf das Tischchen ein und interpretiert die dargestellten Objekte auf der Tischplatte:

„Auf der von Pezzl im Jahr 1807 zitierten Tischplatte kann man auch heute noch das Fischerdörfel in einer Zeichnung Maria Theresia II. sehen: Vorne rechts ist das Theresienlusthaus im heute noch bestehenden Eichenkreis zu sehen. Der Pavillon auf der Lichtung links dürfte der Fischertempel sein, am Bildrand links sind dachförmige Hütten, vermutlich die so genannten Fischerbaracken, zu erkennen.“

Das mehrfach erwähnte Tischchen aus dem Fischerhaus ist bis heute erhalten geblieben. Es befindet sich im Hofmobiliendepot (Möbel Museum Wien) im 7. Wiener Gemeindebezirk. Das inzwischen schon sehr restaurationsbedürftige Tischchen hat dort einen eher kümmerlichen Platz im sogenannten „Laxenburgzimmer“ bekommen, wo auch andere Möbelstücke aus dem Schloß Laxenburg und der Franzensburg bewundert werden können.





Kaiserin Marie Therese soll sich gerne im Fischerdörfl aufgehalten haben, um selbst zu fischen. Ein Brief vom 22. September 1806 an ihren Gemahl scheint das auch zu beweisen:

 „Gestern bin ich mit Louise spazieren gegangen, fischen und war so glücklich ein Perschling von ½ Pf. und ein Weißfisch von ¾ Pf. zu fangen: im Canal wo es sehr große Fische giebt. Von da gingen wir in das Fischerdörfl und gegen dem Ritterschloß, und waren viele Leute herauß. ...“

(HHStA, FA Sammelbände 41,Maria Therese an Franz II., Laxenburg, 24. September 1806, Fol. 27)

Und so kommt man zum „Fischerdörfl“     Weglänge ~ 900 Meter

1 Kommentar:

  1. Es gibt auch eine schöne bunte Zeichnung der Erzherzogin, spätere Kaiserin, Leopoldine (1797-1826) die das Fischerdörfl sehr gut zeigt. Sie befindet sich in der Österreichische National Bibliothek unter der Signatur PK 477 - 85. Man vermutet sie stammt aus dem Jahr 1815 ungefähr. Sie ist auch online verfüfbar.

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