Dienstag, 26. April 2016

Denkmal Joseph II

 

… ein Denkmal für’n Onkel Josef

 
Denkmal Joseph II   Wien, Josefsplatz
 
 
Nicht nur Wiener werden dieses Denkmal von Kaiser Josef II. wahrscheinlich schon einmal gesehen haben. Es steht – wo denn sonst – am „Josefsplatz“ im ersten Wiener Gemeindebezirk bei der Hofburg. Im Rücken des Kaisers befindet sich die Österreichische Nationalbibliothek und der Kaiser, hoch zu Rosse, grüßt hinüber zum Palais Pallavicini.
 
Kaiser Josef II. war der erste Kaiser, dem in Österreich ein Denkmal errichtet wurde, das auch öffentlich zugänglich war. Allerdings, ein kaiserliches Denkmal gab es schon früher: Im Burggarten war ein Denkmal für Kaiser Franz Stephan I. errichtet. Der Burggarten war aber damals nicht öffentlich, sondern nur für die kaiserliche Familie zugänglich. Und ich nehme aber einmal an, auch die Gäste der kaiserlichen Familie durften dort hinein.
 
Das Denkmal Josef II steht auf einem großen quadratischen Sockel aus Granit, eingefaßt von sechzehn niedrigen Pollern die mit Eisenketten verbunden sind. An den vier Eckpunkten erheben sich hohe Rundsäulen mit einer Art Haube aus Bronze darauf. An den Rundsäulen sind jeweils vier mit Lorbeerkränzen umgebene Medaillons befestigt. Über drei Stufen erhebt sich dann ein mächtiges Podest und darauf, auf stolzem Roß, die Hand zum Gruß erhoben, der Kaiser.
 
An den Längsseiten des Podestes sind Reliefs eingelassen wovon das Rechte den Kaiser als Förderer des Handels darstellt. Das an der linken Seite befindliche Relief soll den Herrscher als Förderer des Ackerbaus erschließen. Handel und Ackerbau scheint also auch damals wichtig gewesen zu sein.
 
An der Vorderseite des Podests ist eine Tafel angebracht auf der zu lesen steht wer denn das dort oben eigentlich ist:


 



 
Auf deutsch: Kaiser Joseph II., der für das Allgemeinwohl lebte, nicht lange, aber ganz.
 
Auch an der Rückseite ist eine Tafel zu sehen auf der sozusagen der „Spender“ des Denkmals genannt ist:

 



 
Ergänzung: ROM[anorum]; AVST[riae]
 
Also: Franz, Römischer und Österreichischer Kaiser, vom Bruder (her) Neffe, (seinem) zweiten Vater gewidmet. 1806
 
Die Denkmalenthüllung am Josephsplatz erfolgte erst im November 1807. 1806 war Franz als Kaiser Franz II. auch (noch) Kaiser des ‚Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation‘, danach ja „nur mehr“ Kaiser Franz I. von Österreich.
 
In Auftrag gegeben wurde dieses Reiterstandbild – zu Ehren und in Gedenken an seinen Onkel, den verstorbenen Kaisers Joseph II. – von Kaiser Franz II. (I.) Der damals sehr bekannte Bildhauer Franz Anton Zauner (*1746 in Tirol, 1822 in Wien) sollte es anfertigen. Und der Herr Zauner hat sich die Statue des Marc Aurel zum Vorbild genommen. Und darum sitzt der arme Kaiser Franz in keinem vornehmen Sattel, sondern auf einer einfachen Pferdedecke und auch auf herrschaftliche Steigbügel mußte er verzichten. Aber dafür ist Kaiser Franz I. deutlich ‚fescher‘ gekleidet als der arme Marc Aurel.
 
Täusch‘ ich mich? Irgendwie hör‘ ich euch, liebe Leser, ringsum rumoren …. „Gut und schön, aber was hat das alles mit Laxenburg zu tun?“
 
Gemach! Liebe Leute. Ich bin ja schon dabei es zu erklären ….
 
Vor Jahren, na ja, weit mehr als einem Jahrzehnt, hab‘ ich die ‚Reisebeschreibung‘ von Franz de Paula Gaheis „Wanderungen und Spazierfahrten in die Gegenden um Wien“ gelesen, vom Autor 1801 geschrieben, wo er ein umfangreiches Kapitel dem Schloßpark Laxenburg gewidmet hat.
 
Und dort hat Herr Gaheis geschrieben:
 
„… Der hereinbrechende Abend erinnerte uns nun an die Rückkehr aus dem äußersten Ende des Parkes. Schon nahe an dem Schloßgebäude wandete sich unser freundschaftliche, biedere Führer auf denjenigen Platze, welcher einst der Lieblingsspaziergang Marien Theresiens war. Wir segneten ihr Andenken, und gingen noch weiter vorwärts, das Theater vorbey, rechts in eine mit Spalieren eingefaßte und mit mehreren Springbrunnen versehene Gartenabtheilung, welche von den meisten Spazierenden unbesucht bleibt, weil der Weg dahin von den übrigen Parthien mehr abgelegen ist.
Hier ruht auf einem Rasenhügel von einem marmornen Piedestal getragen, Joseph ll. zu Pferde. Eine herrliche Arbeit aus gelben Metall, und von unserem berühmten Zauner gefertigt! Rechts am Fußgestelle ist in halberhobener Arbeit der Ackerbau, die Viehzucht und die Gesetzgebung, links Industrie und Handlung personificirt dargestellt. Die Arbeit trägt das Gepräge griechischer Vollendung. Wir schenkten ihr einhellig unsere Bewunderung. Aber mit Rührung lasen wir folgende wzey Inschriften:      
 
D. Josepho ll. Rom. Imp.
Principi. In suorum. Animis. Immortali.
Ex. fratre. Nepos. Alteri. Parenti.
Posuit. …”
 
Die Übersetzung nach Herrn Gaheis lautet:
 
Joseph dem Zweiten, römischer Kaiser, dem in den Herzen der Seinigen unvergeßlichen Fürsten, setzte dies Denkmal sein Neffe Franz ll. römischer Kaiser, als seinem zweyten Vater.“
 
Na ja, seit 1801 sind ein paar Jährchen vergangen. Wo also ist dieser „Platze, welcher einst der Lieblingsspaziergang Marien Theresiens war“? Und vor allem: Wo soll dieses rießige Denkmal gestanden haben und wie ist es nach Wien gekommen? „Das Theater vorbey, rechts in eine mit Spalieren eingefaßte und mit mehreren Springbrunnen versehene Gartenabtheilung…“ Dort ist nix, außer Botanik!
 
Ich weiß nicht mehr genau wo ich das gelesen haben (ich meine es war bei F.C. Weidmann?), aber irgendwann hab‘ ich es mitgekriegt: Das was hier in Laxenburg gestanden hat war das Modell des Denkmals Josef II. Dieses Modell wurde 1796 angefertigt und ‚im Gärtchen Ihrer Majestät‘ aufgestellt. 1808 wurde es dann vom Schloßpark Laxenburg nach Schönbrunn übersiedelt. Neben dem „Sonnenuhrhaus“, auf einer kleinen Lichtung, hat es einen neuen Standplatz gefunden.  
 

Modell Denkmal Joseph II, Schönbrunn


Modell und Original unterscheiden sich, außer natürlich in der Größe, nur unwesentlich. Der mächtige Sockelunterbau des Modells, der es ein wenig unproportioniert erscheinen läßt, ist beim Original natürlich nicht vorhanden. Andererseits fehlen beim Modell die kleinen, mit Ketten verbundenen „Poller“ zwischen den Eckpfeilern. Die Inschriften an Stirn- und Rückseite weichen textlich ebenfalls ein wenig ab und die beiden Reliefs an den Seiten des Denkmals unterscheiden sich in winzigen Details. Abgesehen vom Faltenwurf der Kleider, Details an den Gebäuden etc., hat man im Original sowohl dem spärlich bekleideten Hermes, als auch dem geflügelten Genius – weil offensichtlich für notwendig befunden – jeweils ein „Feigenblatt“ an der relevanten Stelle verpaßt.

 

Relief 'Handel', im Modell


Relief 'Handel', im Original


 
Relief 'Ackerbau'
 

Zum Glück gibt es Pläne aus dieser Zeit. Einer davon liegt ganz zeitnah zu der Schilderung von Herrn Gaheis: Plan von ‚Czollitz‘, 1803. Der andere, ein wenig später gezeichnet von ‚Viebeck‘, 1813. Auf beiden ist der Standort des Modells des Denkmals für Joseph II. deutlich zu erkennen. Nicht täuschen lassen, die Pläne sind bezüglich der ‚Himmelsrichtung‘ unterschiedlich gezeichnet. Im Bild von „Google Earth“ stimmt ‚Norden‘ aber zuverlässig.

 

Plan Czollitz, 1803


Plan Viebeck, 1813







Denkmal Josepf II, Wien Josefsplatz






 

 
 
 
 
 
 

 


Samstag, 23. April 2016

Fähre in Laxenburg


… Wege zur Franzensburg


Die Franzensburg steht auf einer Insel, rundherum von Wasser umgeben. Sie hat einen östlichen und einen westlichen Zugang. Will man diese romantische ‚Ritterburg‘ besuchen, oder weit besser noch, an einer Führung teilnehmen und sie besichtigen, dann muß man natürlich zuerst irgendwie auf diese Insel kommen:


Den östlichen Eingang erreicht man erst nach einen etwas längeren Spaziergang, bei dem man immerhin fast einen Kilometer Fußmarsch zurücklegen muß.

Von der Bootsvermietung beim Teich ausgehend wandert man am Teich - Buffet vorbei, überquert die Gotische Brücke und erreicht den Turnierplatz. Dort gabeln sich die Wege. Man nimmt den Weg nach links, am Turnierplatz entlang, erreicht man zuerst die „Eiserne-“ und überquert danach auch die Stein-, oder Dreibogenbrücke und steht endlich auf der Insel, auf der die Franzensburg errichtet ist. 

  


Auf dem mittleren Bogen der Dreibogenbrücke, auf der der Franzensburg zugewendeten Seite, ist der Namen des Bauherrn zu lesen: FRANCISCUS.I. Und auf der anderen Seite das Jahr der Erbauung: MDCCCXXXII., also 1832.





Der Weg zum westlichen Eingang ist weitaus kürzer. Allerdings gibt es dort keine Brücke. Zumindest nicht in den Frühjahrs- Sommer- und Herbstmonaten. In den eisfreien Monaten müsste man also zur Burg hinüberschwimmen. Müßte man. Muß aber nicht, denn schon seit 1811 gibt es dort eine Fähre, die uns trockenen Fußes über das Wasser zur Franzensburg, vorerst eigentlich zur Knappenburg, bringt.

Heute ist diese Fähre hochmodern und natürlich ‚elektrisch angetrieben‘. Ich kann mich aber noch an Zeiten erinnern, da mußten sich der ‚Fährmann‘ – mitunter war es auch eine ‚Fährfrau‘ – körperlich ganz gehörig anstrengen, um ihre Passagiere rasch und sicher an’s andere Ufer zu bringen.


In den 20’er Jahren des 19. Jahrhunderts hat diese Fähre wahrscheinlich sehr ähnlich ausgesehen, wie sie der Maler Eduard Gurk (* 17. November 1801 in Wien; † 31. März 1841 in Jerusalem) auf einer wunderschönen Zeichnung festgehalten hat. 


Eduard Gurk, „Die Franzensburg in Laxenburg bei Wien (um 1838)“  CC BY SA hinzufügen
Auf dem Bild von J. u. E. Gurk sieht man ganz am linken Rand eine der beiden markanten Säulen, die auch heute noch, in sehr ähnlicher Form, bei der Anlegestelle am Ufer des „Festlandes“ vorhanden sind. Damals wie heute war an der rechten Säule eine Glocke montiert mit der man dem Fährmann seinen Wunsch ankündigen konnte zur Burg übersetzen zu wollen.

F.C. Weidmann beschreibt das Prozedere im Jahr 1827 folgendermaßen:

„Dem angezeigten Fußpfade folgend, gelangen wir nun an den großen, an 72000 q Klafter haltenden Teich, welcher die Franzensburg umgibt, die aber noch nicht vollendet ist. Hier ist die sogenannte Überfuhr. Eine Klingel am Ufer verkündet die Anwesenheit der Fremden, und sogleich setzt sich das schöne Schiffchen, durch eine Maschine in Seilen geleitet, in Bewegung, sie hinüber zu holen, nach der Ritterburg.“

An der grundsätzlichen Technik des Antriebs dieser Fähre hat sich seit Inbetriebnahme im Jahre 1811 bis heute nicht viel geändert. Der Erfinder Franz Besetzny (*1781, †1857), er erfand u.a. eine „Dampfkanone“ (etwa so etwas wie ein Maschinengewehr) die 250 Schuß in der Minute abfeuern konnte, erdachte auch die Antriebs-Konstruktion für die Fähre in Laxenburg. Zwei fix verankerte Fahrseile, am Ufer und beim Knappentor befestigt, halten das Schiffchen auf „Spur“, während ein Zugseil für den Antrieb sorgt. Dieses Prinzip wird heute noch verwendet.

Man muß schon sehr gute Augen haben, um auf dem obigen Bild den auf der Fähre stehenden, in schwarz gekleideten Mann in gebückter Haltung zu erkennen. Das ist der „Fährmann“. Mit erheblicher Muskelkraft dreht er eine Kurbel und treibt damit eine Rolle an, über die in mehrfachen Schleifen das zwischen Festland und Knappenburg gespannte Zugseil gewunden ist. Durch den dadurch erzeugten Reibungswiderstand wird das „Schiffchen“ zwangsweise in Bewegung gesetzt und je nach Drehrichtung zum Festland oder zur Burg hin bewegt. Man mag es nicht für möglich halten, aber diesen „manuellen“ Antrieb habe ich noch selbst erlebt.

Die schweißtreibende Arbeit der Fährleute gehört jedoch der Vergangenheit an. Um das Gefährt in Bewegung zu setzen beschränkt sich die manuelle Tätigkeit des Fährmannes bei dem 1964 neu gebauten Fährschiff auf das Betätigen eines Schalters. Ein leise schnurrender Elektromotor sorgt dann für den Antrieb.

Diese Art der durch Leinen „gebundenen“ Fähre nannte man damals, auf Plänen und Zeichnungen kann man es nachlesen, „Fliegende Brücke“.

Sicher hat Eduard Gurk sein Bild von Franzensburg und Fähre weit nach 1825 gemalt. 1825 wurde erst mit dem ‚Vereinigungsbau‘ von Franzensburg und Knappenturm begonnen. Zuvor standen Burg und Knappenturm von einen Wasserarm getrennt auf separierten Inseln. Auf der Zeichnung von Gurk ist aber zu sehen, daß „Ritterburg“ und „Knappenhaus“ bereits verbunden sind (die endgültige Fertigstellung erfolgte erst 1835) und auf einer gemeinsamen Insel stehen.

Die Flächenangabe die Herr Weidmann im Jahre 1827 für den Schloßteich behauptete darf stark anzweifelt werden. Er schreibt ja: „… an den großen, an 72000 q Klafter haltenden Teich, …“.

Ein Wiener Klafter (das waren 6 Wiener Fuß á 31,6 cm) hatte eine Länge von etwa 1,8965 Meter. Somit entsprach ein Quadratklafter der Fläche von etwa 3,597 m². Und 72000 q Klafter (Quadratklafter) wären dann umgerechnet etwa 260.000 m² oder 26 Hektar. Selbst heute wird die Fläche des Teiches mit lediglich 25 ha, also 250.000 m² angegeben.

1827 war der Teich jedoch noch lange nicht bis zum östlichsten Teil, bis zum „Achauer-Spitz“, ausgehoben. Zwar existierten dafür bereits Pläne, aber die Ausgrabung des Teiches bis zu seiner heutigen Größe begannen erst 1838.

Ab dem späten Herbst, den Winter über, bis in das Frühjahr hinein (etwa ab Allerheiligen bis Ostern) wird der Fährbetrieb eingestellt und die Fähre auf ihren Winterplatz gestellt.


An Stelle der Fähre wird ein fester Steg montiert, der dafür sorgt, daß man auch bei fehlenden Eis und Schnee sicher vom Festland zur Knappenburg und damit auch zur eigentlichen Franzensburg gelangen kann. Zur Montage des Stegs wird das Wasser im Teiches zuerst weitgehend abgelassen und danach bis zu einen verminderten Wasserstand wieder ‚aufgefüllt‘.


Freitag, 22. April 2016

Ritterspiele in Laxenburg


Turnierplatz

 

 
Turnierplatz
 

Bereits 1791 wurde im Schloßpark Laxenburg ein „Turnier“ veranstaltet. Der damals 23-jährige Erzherzog Franz, Sohn des Regenten Kaiser Leopold II hatte es veranstaltet. Natürlich nicht auf dem Turnierplatz im auch heute noch so genannten ‚Rittergau‘. Weder Rittergau, noch Turnierplatz hat es damals schon gegeben. Außer vielleicht, wer weiß das schon, in der ‚ritterlichen‘ Gedankenwelt des Erzherzogs, der ja schon ein Jahr später seinem Vater als Kaiser Franz II folgen sollte.
 
Auf einem Aquarell eines Hieronymus Löschenkohl aus dem Jahr 1791 ist dieses Turnier zeichnerisch dargestellt: Man sieht einen nicht allzugroßen Reitplatz, eingefaßt von einem Holzgeländer. Entlang des Geländers stehen Zuseher. Für die hohen Herrschaften ist an der Stirnseite des rechteckigen Platzes eine Art überdachte Tribüne aufgestellt und dieser gegenüber etwas, das ein wenig wie ein gotisches Tor aussieht. Wo diese (temporäre) Turnier-Staffage aufgestellt war? Also sicherlich irgendwo im damaligen (noch wesentlich kleineren) Schloßpark. 
 
Geplant wurde der heutige Turnierplatz, wie auch der gesamte Rittergau, im Jahre 1799. Ein „Bauprogramm“ aus diesem Jahre, betreffend einige neue Gartenanlagen hält fest:
 
Neue Gartenanlagen „… auf den neu eingelösten Gründen an der Seite gegen Achau wurden in einem Plane zur Genehmigung vorgelegt und bestehen aus der Ausgrabung eines Teiches, Errichtung eines Turnierplatzes, Erbauung zweier Schleusen aus Quadersteinen, … „und das Oberstkämmereramt eröffnete, daß bei diesen Bauwerken die allerhöchsten Befehle auf das Genaueste zu befolgen seien. (HHStA, SHLB, Index „A-F/V“, p. 1/1799)
 
Fertiggestellt wurde die Anlage 1802 und im Jahr darauf schreibt die damals 12 jährige Erzherzogin Marie Louise (Maria Louise, Erzherzogin, Kaiserin von Frankreich; *12.12. 1791 in Wien, †17.12. 1847 in Parma) in einem Brief an ihren Vater, Kaiser Franz II. :
 
„Wir waren dieser Täge in dem Turnierplatz wo daß Muster des Schlosses Habsburg ist man thut davon das Dach aufheben und da ist eine Rolle mit Verse welcher dieser Schweizer über dieses Schloß verfertigt hat. Es ist ganz zum zerlegen und ist sehr schön gemacht. Gestern waren viele Leute heraußen in Ritterschloß waren zwey Geselschaften und eine davon war sehr zahlreich, .... „
 
Die Größe dieses Turnierplatzes wird in mancher Literatur mit einer Breite von 25 Metern und einer Länge von 50 Metern angegeben. Tatsächlichen ist die Anlage, in Google Earth gemessen, aber annähernd doppelt so groß. Der Turnierplatz ist rechteckig, etwa 100 Meter lang und ungefähr 50 Meter breit. An der Stirnseite befindet sich die ‚Kaiserloge‘. Heute sind die Innenwände der Kaiserloge kahl und leer. Doch einst waren sie mit Fresken bemalt die ‚Ritterszenen‘ darstellten.

 

Kaiserloge


Jeweils in der Mitte der beiden Längsseiten ist eine Loge für die ‚Richter‘ in die den Platz umgebende Mauer integriert und in jeder der vier Ecken der Schmalseiten befinden sich Eingangs- oder ‚Einreittore‘ für die ‚Turnierteilnehmer‘.

 

Schiedsrichter Loge
 
 
Die ‚allerhöchsten Herrschaften‘, Kaiser, samt Gefolge und honorigen, adeligen Gästen betrat die Kaiserloge über einen eignen Aufgang.
 

"Kaiser-Aufgang'


Die Pfeiler der beiden Tore an der Seite der Kaiserloge sind mit Ritterfiguren geschmückt.

 

 


 

Zwei dieser Ritterfiguren waren nach Abzug der Besatzungsmacht, wie vieles andere im Schloßpark auch, desolat und mußte erneuert werden. Der 1923 in St. Stefan ob Stainz in der Steiermark geborene Bildhauer und Maler Josef Papst, der ab 1964 in Laxenburg beheimatet war, hat die Ritterfiguren neu angefertigt. Es wird erzählt, daß Josef Papst einem der Ritter sein eigenes Antlitz gegeben hat.

 

 




Josef Papst verstarb am 16. August 2010. Sein Grab befindet sich am Friedhof in Laxenburg.
 
Die beiden der Kaiserloge gegenüberliegenden Tore tragen anstelle von ‚Rittern‘ ‚Löwenfiguren‘ die Wappen in den Tatzen halten.

 

 


Früher wurde dieser große rechteckige Platz auch „Carousselplatz“ genannt. Diese Bezeichnung trifft auch eher auf diese Art Veranstaltungen zu, die dort abgehalten wurden. Obwohl der Turnierplatz zum „Rittergau“ gehört, war er dennoch nie Turnierplatz im Sinne von „Ritterturnieren“ wie wir sie vielleicht in Filmen gesehen haben. Carouselle waren Reit- und Fahrveranstaltungen, bei denen die Protagonisten (Mitglieder des Kaiserhauses und des Adels) ihre Reit- und Fahrkünste unter Beweis stellten.
 
Über diese Anlage, die angeblich nach dem Turnierhof im Schloß Rosenburg am Kamp angelegt wurde, schreibt Quirin Ritter von Leitner in seiner 1878 erschienenen „Monographie des Kaiserlichen Lustschlosses Laxenburg:
 
„Es ist dies eigentlich ein großer Carrousselplatz, der alsbald nach seiner Erbauung, wenn auch nicht zu Turnieren, wie seine Bezeichnung vermuthen ließe, wohl aber zu glänzenden Aufzügen und Carroussels benütze wurde, unter denen jenes hervorgehoben zu werden verdient, welches im Jahre 1810 am 25. August zum Namensfeste der Kaiserin Maria Louise gegeben wurde, wobei der Kaiser und sämtliche Erzherzoge mitritten, und zu dem der ganze Adel, das diplomatische Corps und über 10.000 Zuschauer erschienen waren. Glänzende Carroussels veranstaltete in diesem Raume auch das Officierscorps von Palatinal-Husaren und später jenes des Cürassier-Regiments Albert von Sachsen. Am 27. Juli 1841, gelegentlich der festlichen Eröffnung des Gebäudes auf der Mariannen-Insel, wurde auf Befehl des Kaisers von der Guerra´schen Kunstreiter-Gesellschaft auf dem Turnierplatz Carroussel geritten, und hierauf ein römisches Wettrennen gegeben.“

 

Kultur und Museumsverein Laxenburg, Albert Riemensberg, "Carousselreiten auf dem Turnierplatz", 1818; Foto H. Suck

 
Das obige Bild stellt ein sogenanntes „Caroussel“, also ein Schaureiten zu Pferd dar. Im Hintergrund erkennt man die „Kaiserloge“ und links und rechts an den Bildrändern die fahnengeschmückten Logen für die (Schieds-) Richter. Deutlich erkennt man auch, daß der Turnierplatz einst Zuseher-Galerien besessen hat. Die Steinfundamente dieser Holzgalerien sind an manchen Stellen heute noch zu sehen.

 

 


 

Jährlich fand und findet auch 2016 (veranstaltet vom „forum antiquum“) ein ‚Ritterfest‘ im Schloßpark Laxenburg statt. Bereits 2015 war der Standort nicht mehr, wie all die Jahre zuvor, der ‚Turnierplatz‘. Nicht alleine unter dieser Veranstaltung, auch unter den Witterungseinflüssen und dem Mangel an Instandsetzungs-Arbeiten hat dieser historische Platz   einigermaßen ‚gelitten‘. Die Anzahl der Querstangen aus Holz auf dem auf der Mauer befindlichen ‚Geländer‘, das die Besucher vor einem Sturz auf das wesentlich tiefer liegenden ‚Turnierfeld‘ schützen soll, sind von Jahr zu Jahr weniger geworden. Natürlich weiß ich es nicht mit Sicherheit, aber ich möchte annehmen, das Fehlen vieler dieser Stangen (ich habe zuletzt 12 gezählt) war auch schon 2015 der Grund dafür das ‚Ritterfest‘ vom Turnierplatz an andere Stellen des Parkareals zu verlegen.
 
Seit nunmehr 2 Jahren teilt der Turnierplatz nun das Schicksal mit der benachbarten ‚Grotte‘, die allerdings schon weitaus länger für Besucher unzugänglich ist: er ist abgesperrt. Warum genau diese Absperrungen erfolgt sind? Das erfährt p.t. Publikum nicht. Weder bei der ‚Grotte‘ und nicht beim Turnierplatz. Kein schriftlicher ‚Anschlag‘, aber auch kein Wort davon auf der Heimseite der Schloß Laxenburg Betriebsgesellschaft.
 
Eine besondere Veranstaltung, die so gar nichts mit Reiterei zu tun hat, fand am 6. September 1810 hier am Turnierplatz statt. Leset und staunet: Hier am Turnierplatz fand schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts die erste „Flugshow“ statt. In Österreich, in Laxenburg: ( à siehe Beitrag „Flugschau in Laxenburg“ )
 
Jakob Degens
erstes
Aufsteigen mit der Flugmaschine
in Verbindung mit dem Luftballe
ohne Leitschnur
unternommen
in Gegenwart und auf Kosten Sr. Majestät des Kaisers
aus dem Parke des k.k. Lustschlosses zu Laxenburg
 
 
... und so kommt ihr dort hin ...   (Wegstrecke ~ 1,3 km)