Sonntag, 20. November 2016

Franzensburg in Laxenburg


Franzensburg




Die Franzensburg, ihre zahlreichen Räumlichkeiten, die Vielzahl zu bestaunender Sehenswürdigkeiten, in einem einzigen Blogbeitrag auch nur halbwegs umfassend zu beschreiben ist einfach nicht möglich.

Wenn auch nicht ganz billig, so würde ich jeden Besucher empfehlen sich Gebäude und Räumlichkeiten dieser „Ritterburg“ im Rahmen der angebotenen Führungen anzusehen. Das lohnt sich! Die Schloß Laxenburg Betriebsgesellschaft bietet zwei Führungen an: Neben der Führung durch die Räumlichkeiten der Ritterburg, wird auch eine Führung „über die Dächer“ angeboten. Obwohl der ‚Aufstieg‘ auf den Turm ein wenig beschwerlich, immerhin sind bis zur Plattform des „Hohen Turmes“ in luftiger Höhe etwa 160 Stufen zu erklettern (und nein, kein Lift!), ist die Führung „über die Dächer“ eigentlich ein „Muß“. Der Spaziergang entlang der Galerien der Mauer, die Wohnung des Burgpfaffen, die enge „Mordgalerie“, besonders aber der märchenhafte Weitblick vom Hohen Turm über die Umgebung von Laxenburg (bei schönem Wetter bis Wien und zum Schneeberg) ist einfach unbeschreiblich.

 

Das freundliche und bestens geschulte Personal, das durch die Franzensburg führt, bemüht sich sehr alles Wissenswerte über die Räume, die darin gesammelten Kunstschätze, über die vielen Gemälde, Statuen und Waffen, über die edlen Möbel, die großartigen Holzdecken, Fußböden, wertvollen Tapeten und farbenprächtigen Glasbilder zu erzählen. Man hört bei solch einer Führung allerdings so viel und in so kurzer Zeit, daß man sich das sicher nicht merken kann. Wer möchte, kann das Gehörte - und noch weit mehr - in dem Büchlein „Die Franzensburg in Laxenburg, ein Führer durch Geschichte und Gegenwart“ (mit Beiträgen von: Anna Bürgler, Liselotte Hanzl, Eva Ottillinger, Matthias Pfaffenbichler, Elisabeth Springer und Hubert Winkler, ISBN 3 950 0715 12), das sowohl eine Chronologie der Burg als auch eine ausführliche Beschreibung der Räumlichkeiten beinhaltet, noch einmal in aller Ruhe nachlesen. Das Büchlein ist im kleinen, aber sehr feinen Museums-Shop in der Franzensburg erhältlich.




Die Franzensburg ist, neben dem „Alten Schloß“, ganz sicher das bedeutendste Bauwerk im Schloßpark Laxenburg. Und das nicht nur der räumlichen Ausdehnung wegen. An Bekanntheit übertrifft die Franzensburg das ‚Alte Schloß‘ sogar bei Weitem. Dieses, auf einer Insel im (künstlich angelegten) Schloßteich stehende, einer mittelalterlichen Ritterburg nachempfundene Bauwerk, erweckt bei Besuchern des Parks ganz besonderes Interesse.

Bauherr dieses Denkmals war Kaiser Franz II/I., der, wie in mehreren Quellen zu lesen ist, auch die Idee dazu hatte. Für die Entwürfe des Bauwerks und die Errichtung ist aber ein kongeniales Paar verantwortlich: Der damals noch als ‚Kassier im Geheimen Kammerzahlamt‘ beschäftigte Michael Riedl und der ‚Hof-Steinmetzmeister‘ Franz Jäger. 1798 wurde mit dem Bau begonnen und Michael Riedel, der zwei Jahre später Schloßhauptmann von Laxenburg wurde, schrieb dazu am 8. Dezember 1798:

„Seine Majestät haben mir am 5ten dieses Monats zu befehlen geruhet, daß der Eurer Excellenz schon vorläufig mündlich angezeigte Bau des neuen Gartenhauses in Gestalt einer gothischen Burgveste nach den von Sr. Majestät Selbst vorgelegten Plan fortgeführet; - daß unter der Leitung des Ingenieur Oberlieutenants Herrn v. Detroux der Große Garten Kanall an der Seite von Achau verlängert, in den neuen Parkgraben bis zu dem neuen in der Rede stehenden Gebäude, alwo er in den sogenannten Tönnl-Bach seinen Ausfluß erhält, geleitet, und daß beides bis August des künftigen Jahres in fertigen Stand gebracht werden soll.“

(HHStA, SHLB, Fasz, 1, Nr. 37/1798, 8. Dezember 1798)

Den oben erwähnten Schloßhauptmann Michael Riedl lediglich in einer Anmerkung zu erwähnen würde der Bedeutung dieser Persönlichkeit wahrlich nicht gerecht werden. Josef Zykan (Dr. Josef Zykan (1901 – 1971), Landeskonservator für Niederösterreich im Bundeskanzleramt) bezeichnete Michael Riedl einmal als „Spiritus rector“, als den lenkenden Geist für die Gartenanlage und besonders die Gestaltung der Franzensburg. Ein eigener Beitrag in diesem Blog ist daher der Person Michael Riedl und seinem Wirken in Laxenburg gewidmet.

Für den Bau der Franzensburg wurden Bauelemente und Material unter anderem aus den Klöstern Klosterneuburg (Capella Speziosa) und Waldhausen verwendet. Ganz spezielle, ungewöhnlich große Ziegel, sogenannte „Fortifications Ziegel“ wurden eigens im Ziegelofen der Herrschaft Vösendorf hergestellt.

Die Räume der „Ritterburg“ beinhalten zahlreiche Kunstschätze. Ausstattung und Einrichtung für die Burg kam überwiegend aus aufgehobenen Kirchen, Klöstern und alten Burgen. Das Kloster Waldhausen und die ehemalige Capella Speziosa aus Klosterneuburg (siehe Rittersäule) wurden schon erwähnt. Der Herr Kaiser hat seinen Schloßhauptmann, den Herrn Michael Riedl, immer wieder ausgeschickt, um in Schlössern und Stiften Kunstgegenstände für seine Burg zu erbitten. Und, na ja, ein Kaiser bat gewöhnlich nicht vergebens.

So finden sich in der Franzensburg mannigfache Kunstgegenstände, wertvolle Holzkassettendecken und Fußböden, wunderschöne Gemälde, erlesene Tapeten und zahlreiche Möbel unter anderen aus den Schlössern Greilenstein, Pöggstall, Rapottenstein, aus der Rosenburg, den Stiften Klosterneuburg, Wilhering und Zwettel, und den Klöstern Waldhausen und Säusenstein.

Im September 1800 muß schon viel von dem Bauwerk fertiggestellt gewesen sein, denn Franz de Paula Gaheis, der um diese Zeit Laxenburg besucht hatte, faßte seine Eindrücke von der „Ritterfeste“ in seinen 1801 erschienenen „Wanderungen und Spazierfahrten in die Gegenden um Wien“ zusammen:

„Mitten auf einer weit ausgedehnten Ebene, von Gräben, Bächen, Inseln, und einem starken Walle umgeben, starrte aus Quadern gebaut eine Ritterveste empor. Da der Bau derselben noch nicht vollendet ist: so konnten wir nur die Ringmauern umgehen. Wir gingen über die Brücke des Schloßgrabens, wendeten uns etwas rechts zum ersten Thore, das mit einem halb herabgelassenen Fallgitter versehen ist, dann links neben den Kanonenbeeten hinüber zu dem anderen Schloßthore, bewunderten das Thürmchen der Schloßkapelle und die Höhe und Festigkeit des noch unausgebauten Thurmes, dessen unterer Theil zu Kerkern bestimmt zu seyn scheint; besahen den anderen Thurm, der oben mit einem Säulengange umgeben auf der Spitze des mit buntglasirten Ziegeln bedeckten Daches mit einem beweglichen Rüstmanne versehen ist. Wir dachten uns endlich in die Vollendung dieses Werkes, verglichen es mit den Schlössern Greifenstein und Lichtenstein, und freuten uns bey einer anderen Gelegenheit auch diese heiligen Hallen durchirren, und sie, sammt dem dabey liegenden neuen Venedig, so viel in unseren Kräften steht, darstellen zu können.”

"Feste im Park von Lachsenburg", Aquarell von Ludwig Maillard, 1803; aus „Die Franzensburg in Laxenburg“; Seite38; Schloß Laxenburg Betriebsgesellschaft; Foto H.Suck

Am 15. Oktober 1801 fand die Einweihung der Kapelle statt und damit war das Bauvorhaben vorerst, aber noch nicht endgültig abgeschlossen. Auf dem Aquarell von Ludwig Maillard aus dem Jahre 1803 ist deutlich zu erkennen, daß die eigentliche Franzensburg und der Knappenhof damals durch einen Wasserlauf getrennt waren. Auch die „Kanonenbeete“ sind darauf deutlich zu erkennen. Auf dem Ausschnitt aus dem Plan von Czollitz aus dem Jahre 1803 erkennt man ebenfalls, daß Knappenhof und ‚Ritterburg‘ damals voneinander getrennt auf separierten Inseln standen.
 




Im Knappenhof befanden sich Wirtschaftsräume und die Wohnung für die Burgwache. Auch eine Sattel- und Waffenkammer war untergebracht und sogar ein „Ritterbad“, angeblich ausgestattet mit einem beheizbaren Becken aus rotem Marmor.

Die Franzensburg konnte sofort nach der Fertigstellung besichtigt werden und es ist recht interessant zu erfahren, wer diese Leute waren, die schon am 17. Oktober 1801 die Franzensburg besucht haben:

„Bereits unmittelbar nach der Fertigstellung der Anlage konnte, wie Eintragungen im Besucherbuch zeigen, dieses Bauwerk von jedermann besichtigt werden. Am 17. Oktober 1801, zwei Tage nach der Weihe der Kapelle, besuchten die Kammerfrau des Kronprinzen, der Kammerheizer, der Leiblakai des Kronprinzen, der Kammerbote, eine Mundköchen, der Hofapotheker, die Witwe Josepha le Noble, die k.k. Zimmerwarterin Franziska Kripel mit drei Familienmitgliedern, Marie Le Noble, weiters der Musselinmacher Ferdinand Scheibe; der Bandmacher Joseph Nowack, der Strumpfwirker Johann Jakob Scherbauer und die Drechsler Witwe Catharina Drybertin die neuerbaute Ritterburg.“ (Aus: „Die Franzensburg in Laxenburg“. Ein Führer durch Geschichte und Gegenwart. Seite 38; Schloss Laxenburg Betriebsgesellschaft M.B.H.)

Burgwächter in Uniformen waren stets zugegen, zumeist altgediente Militärs, die bequemerweise ihre Wohnung gleich in der Knappenburg hatten. Diese Herren führten interessierte Besucher nicht nur durch die Burg, sie waren auch stets bereit Auskunft und Erklärung zu den zahlreichen Kunstschätzen zu geben. Leider konnte ich nicht eruieren, ob auch damals schon „Entree“ verlangt wurde, oder ob ein Obolus an den Führer ausreichte.

Eine Fähre, um zur Burg zu gelangen, gab es damals noch gar nicht (siehe „Fähre“). Sowohl die kleinere Knappenburg, als auch die große Ritterburg waren ja nur durch schmale Wasserwege vom Festland getrennt, und über zwei kleine Brücken konnten die Besucher die Ritterfeste leicht vom ‚Festland‘ aus erreichen.

Schon kurz nach der Fertigstellung entstand der Plan die beiden separiert stehenden Objekte durch einen Verbindungsbau zu vereinen. Die Realisierung sollte freilich Jahre dauern. Noch im Jahre 1801 wurde allerdings damit begonnen, den Teich rund um die Franzensburg zu erweitern und die Festungsanlagen rund um die Burg zu entfernen. 1805 beschreibt Josef Widemann in seinem Buch „Mahlerische Steifzüge durch die interessantesten Gegenden um Wien“ die Situation:

„Wenn einst der junge Wald von Tannen und Fichten, der die schon vollendete Franzensburg umgibt, sich wölben wird, wenn die, alle Täuschung störenden, mit Kanonen besetzten Außenwerke beseitiget, und die Wassergräben abgelassen seyn werden, wie es ein Auftrage ist: so wird das Aeußerliche dieses Ritterfeste, die ganz nach einem wirklichen, in Tirol gelegenen Lieblingsschloße Kaiser Maximilian I. erbaut wurde, ungemein gewinnen. Und da jedes Schloß in erhöhter Lage sich besser ausnimmt, so wäre zu wünschen, daß man die Schanzen nicht abtragen, die Wassergräben nicht ausfüllen, sondern durch Kunst zu täuschenden mit Bäumen besetzten Hügeln, Thälern und Hohlwegen umgestalten möchte, um der Burg das Aussehen einer waldichten höheren Lage zu geben.“

1807 waren alle Erdwälle und die kanonenbesetzten „Außenwerke“, die Herrn Widemann so gestört hatten, abgetragen, und Knappen- sowie Ritterburg standen nun weiter vom Seeufer entfernten auf einer Insel. Natürlich hätte man die Brücke zum Ufer verlängern können, doch Kaiser Franz I. schwebte ein ganz neuer Zugang zu den Gebäuden vor. Er befahl anstelle der Brücke einer Fähre zu errichten. Diese Fähre, auch als „Fliegende Brücke“ bezeichnet, wurde schließlich im Jahre 1811 – nach einem Entwurf des „Mechanikus“ Franz Besetzny – ausgeführt. Zu dieser Zeit bekam die Knappenburg auch ihren noch heute zu bewundernden recht auffälligen Torturm.



1825, bis dahin standen Knappen- und Franzensburg ja getrennt nebeneinander, wurde schließlich der schon lange geplante Verbindungsbau der beiden Gebäude – nach dem Projekt des „Laxenburger Ingenieur und Hofbauübergeher“ Georg Felbinger – in Angriff genommen und bis zum Jahre 1835 realisiert.




Durch die Verbindung der beiden Bauten und den Standort der Fähre ergab sich die Notwendigkeit eines neuen Zugangs für die Besucher.

Der nordwestlich in der Burgmauer befindliche ehemalige Zugang, der durch den heute als „Torweg“, oder „Vorzimmer der Burgfrau“ bezeichneten Raum führte, wurde zugemauert. Besucher die die Fähre nutzten betraten seither die Innenhöfe durch den Knappenturm. Oder sie bevorzugten den „Landweg“. Der führt vom Turnierplatz aus über den (damals als „Fahrweg“ bezeichneten) Weg zur sogenannten „Eisernen Brücke“, über die „Zwischeninsel“ und die „Drei Bogen Brücke“ zur Rückseite der Franzensburg.

Franz Weidmann schreibt darüber in seinem Buch „Die Umgebungen Wien’s historisch malerisch geschildert“ im Jahre 1853:

„… Der ehemalige Zugang gegen Norden ist jetzt verschlossen, und der Zugang geschieht nun entweder mittels der Fähre durch den Knappenhof, oder zu Lande, östlich von der Seite des Turnierplatzes. …“

Wie dieser, von Herrn Weidmann erwähnte, ehemalige Zugang unterhalb des „Capitulations Balkon“ ausgesehen hat, davon soll es eine Zeichnung geben. So schreibt zumindest Lorenz Seelig in einem Artikel der „Wiener Architekturzeichnungen in Coburg“:

„… Die Authentizität der zumeist >G: Fr:< signierten Blätter wird durch die Unterschrift des Laxenburger Schloßhauptmanns Michael Riedl bestätigt, der die Konzeption der Gesamtanlage maßgeblich bestimmte. Unter den Zeichnungen besitzt besonderes Interesse die Wiedergabe des vormaligen >Haupt Thor nebst dem Capitulations Balkon in der Franzensburg<: Vor der Errichtung des sog. Vereinigungsbaus diente das im Nordwestflügel zwischen Speisesaal und Zofenzimmer gelegene (und heute zugemauerte) Tor als Zugang zum Hof der Franzensburg. „

Herr Lorenz Seelig zitiert dann Julius Maximilian Schottky (1797-1849), Schriftsteller und Volkskundler aus dem Jahre 1821:

„ … nun steht man vor dem stark mit Eisen beschlagenen Burgthore selbst, auf welchem zwey geharnischte Ritter mächtig aufgemahlt …, (die) den Kommenden das landesherrliche Wappen entgegenhalten.“

Leider habe ich die erwähnte Zeichnung, die uns anschaulich zeigen könnte wie dieses ehemalig Tor wirklich ausgesehen hat nirgendwo entdeckt.

Auch aus Josef Widemann‘s „Mahlerische Steifzüge durch die interessantesten Gegenden um Wien“ aus dem Jahr 1805 wird von Herrn Lorenz Seelig zitiert:

„... Von der Gallerie führt ein schmales Pförtchen auf einen Erker. Trauer herrscht in der Burg, wenn er geöffnet wird: es ist der Kapitulationsbalkon.“

Hier ist dieser ‚Kapitulationsbalkon“ mit den in rot-weiß schräg gestreiften Türen im Bild. Von hier aus hätten die tapferen Verteidiger in tiefer Trauer einem siegreich anstürmenden Feind die Aufgabe der Burg signalisiert. 





Bei einer Führung durch die Räume der Franzensburg könnte man gut und gerne 35 Räume besichtigen. Könnte man, vorausgesetzt die Gruppe der Besucher ist nicht allzugroß, unvermeidliche Frage halten sich in Grenzen und ‚Zurückgebliebene‘ müssen nicht immer wieder gesucht werden. Bei einer begrenzten ‚Führungszeit‘, wie in jedem Museum üblich, muß mitunter da und dort ein wenig rascher gesprochen, weniger erzählt, auch mal ein Zimmer, ganzer Saal ausgelassen werden.

Gehört nicht unbedingt hierher, aber ich stelle mir vor dieser Herr … wie hat der nur geheißen? Schetzko jedno. Jedenfalls war er österreichischer Bundeskanzler und der  hat so langsam geredet, daß … also hätte der durch die Franzensburg geführt, er hätte gerade einmal … sechs bis sieben Räume geschafft. Mehr sicher nicht. Die Damen, oder Herren, die durch die Räumlichkeiten führen und die Vielfalt des zu Bestaunenden erklären sind ‚geschwindigkeitsmäßig‘ jedenfalls deutlich redegewandter.

Ich beschränke mich in diesem Blog-Artikel darauf einen kleinen Teil der Burg etwas näher zu beschreiben, der mich schon ‚damals‘, als junger Mann, an dieser Burg besonders fasziniert hat: Den ‚Hohen Turm‘ und sein stellenweise ‚schauriges‘ Innenleben.




Was eine richtige Burg ist, hat natürlich auch ein Burgverließ. Einen Kerker. Einen solchen hat sie natürlich auch, die Franzensburg. Im Keller, eigentlich im Erdgeschoß des „hohen Turms“. Dort sitzt ein angeketteter Gefangener bei Wasser und Brot (denk‘ ich halt) und harrt seines Urteilsspruches der vom ‚hohen Gericht‘ beschlossen wird.




Wie lange er dort schon sitzt? Ich weiß es nicht. Sein Urteil wird jedenfalls ein Stockwerk höher, in der sogenannten Gerichtsstube gefällt. Für uns Besucher führt der Weg dorthin über eine Wendeltreppe aus Stein.


Gerichtsstube; Kultur und Museumsverein Laxenburg; Foto H. Suck

Das überlieferte (fiktive) Prozedere der Urteils-Verkündung klingt schon sehr kurios. Auf der obigen Zeichnung der Gerichtsstube ist links im Hintergrund deutlich eine Seilwinde zu sehen. Das Seil ist über eine an der Decke befestigte Rolle geführt, die genau senkrecht über der Mitte des Tisches hängt. Am losen Ende des Seils ist ein Holzpflock befestigt. Der zylinderartige Tischaufsatz mit den offensichtlich in Nischen stehenden weiblichen Figuren konnte abgenommen werden und gab so ein Loch in der Mitte des Tisches frei, durch das das Seil samt Holzpflock in das darunterliegende Verließ gelassen werden konnte.

Dort unten im Verließ mußte sich der Deliquent auf diesen Holzpflock setzten und wurde soweit in die Gerichtsstube hochgezogen, daß gerade sein Kopf in der Mitte des Richtertisches sichtbar war. Daraufhin wurde das Urteil verkündet und der Gefangene wiederum in das Verließ hinabgelassen.

So zumindest wird es überliefert.





Von der Gerichtsstube führt der Weg über die Wendeltreppe aus Stein hinauf in den Rittersaal.

Rittersaal; Kultur und Museumsverein Laxenburg; Foto H. Suck


Bis zu meinem letzten Besuch des ‚Hohen Turms‘ (ist schon zwei Jahre her) war eine Besichtigung des Rittersaales wegen baulicher Mängel nicht möglich. Ob die Mängel inzwischen behoben wurden weiß ich schlicht und ergreifend nicht.

Das runde „Möbel“ in der Mitte des Rittersaals ist ein Spieletisch aus der Zeit Ende des 16. Jahrhunderts und stammt aus dem Stift Melk. Auf der Zeichnung, in der Mitte der Spielplatte aus Stein, ist ein großer Zeiger zu erkennen. Der wird in Drehung versetzt und bleibt dann auf einem der 24 Felder stehen, welche mit (mir unverständlichen) Sinnsprüchen versehen sind, die dann (denke ich einmal) über den Gewinn, oder Verlust entschieden haben. Die genauen ‚Spielregeln‘ sind mir allerdings nicht bekannt. Derzeit steht dieser Tisch im sogenannten Speise- oder Trunksaal und ist bei einer Führung durch die Franzensburg zu bewundern.


Nach dem beschwerlichen Aufstieg (für mich halt) sind wir dann endlich oben auf der Plattform des „Hohen Turms“ angekommen und können, gutes Wetter vorausgesetzt, einen wunderbaren Rundblick in die nähere und weitere Umgebung genießen. Gleich am Anfang von diesem Beitrag ist ein Foto davon zu sehen. Wer genau hinsieht, kann rechts von der Mitte den naheliegenden Anninger und links, ein wenig blass im Dunst, den wesentlich weiter entfernten Schneeberg erkennen. Ein paar Bilder die die Franzensburg von oben zeigen sollen euch einen Vorgeschmack … aber ich meine ihr solltet das mit eigenen Augen genießen.








Gewöhnlich ist die „Neue Vogtei“ (die befindet sich im ersten Stock des Traktes, in dem zu ebener Erde der
Museums – Shop untergebracht ist) nicht in der Führung eingebunden. Schade eigentlich, weil dort, unter anderen, herrliche Glasbilder von Anton Kothgasser und Gottlob Samuel Mohn zu bewundern wären.









Also ich brauche nach der Wanderung ‚über die Dächer‘ (und nicht nur dann) jedenfalls eine Erfrischung. Ich bevorzuge meist ein kühles Glas ‚Hopfenblütentee‘ und das gönne ich mir gleich in der „Kaffee-Meierei“ in der Franzensburg. Dort gibt es aber auch eine wirklich reiche Auswahl an Speisen und Getränken und allerlei kulinarische Genüsse. Und das in bezaubernden Ambiente.





Wer auf der Terrasse der Kaffee-Meierei einen Tisch nahe am Wasser des Schloßteichs ergattert, der kann vor, während, oder nach  seiner Labung auch das muntere Treiben der Wildenten und Schwäne beobachten, oder die gemächlich dahinschwimmenden, mitunter einen Meter langen Amurkarpfen bewundern.



Seinerzeit, als noch die gekrönten Regenten Österreichs Gäste in der Franzensburg empfingen, haben diese wahrscheinlich nicht die Fähre benutzt, sondern sind mit ihren Equipagen auf dem Fahrweg direkt durch das ‚Haupttor“ in die Franzensburg gefahren.




Und dort, über dem gotischen Tor war und ist heute noch das Wappen des ‚Hausherrn‘ an der Mauer angebracht. F.I. Die Abkürzung für ‚Franz I.‘





Und über der Burg wacht seit über 200 Jahren bei Regen und Wind, bei Eis und Schnee, aber auch bei Sonnenschein und drückender Hitze einsam der geharnischte Rittersmann …







... noch einige (ganz wenige) Details von der Franzensburg ...













Freitag, 18. November 2016

Wasserfall Schloßpark Laxenburg


Wasserfall (Cascade)

  



    

Der Wasserfall, oder die „Große Cascade“, wie er in alten Texten meist genannt wurde, ist nur wenige Schritte vom Turnierplatz entfernt. Über diesen Wasserfall ergießt sich Wasser aus dem Forstmeisterkanal, der als einzige Wasserzufuhr (wenn auch nicht ausschließlich an dieser Stelle) für den Schloßteich dient. 

Dieser Forstmeisterkanal ist, in seinem heutigen Verlauf, eine künstlich angelegte Wasserstraße. Der ehemals hier wild fließende Bach, der Falckner Looben, wurde schon im 18. Jahrhundert Stück um Stück begradigt und in sein heutiges Bachbett gezwängt. Die Ufer des Kanals waren früher durchgehend mit Pappeln bepflanzt. Erst in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden auf einem Teil des Kanals die Pappeln durch Linden ersetzt. Géza Hajós beschreibt das in seinem Buch ‚Der Schloßpark Laxenburg, ein Führer durch Geschichte und Gegenwart‘ (zu beziehen an den Kassen beim Eingang zum Schloßpark und im Museums-Shop in der Franzensburg) „... hatte man die Pappelallee als zu streng, starr und nicht als zeitgemäß empfunden. So wurden an ihrer Stelle Linden gepflanzt in der Hoffnung, daß sie mit der Zeit durch ihre das Wasser berührenden malerischen Kronen die strenge Linearität des Kanals aufheben und mehr Natürlichkeit ausstrahlen würden.“

2017 wurde die Lindenallee zwischen Fischerdörfelbrücke und Wasserfall wieder durch junge Pappeln ersetzt, um den ehemaligen Zustand wieder herzustellen. Auch die zum großen Teil überalterten und morschen Pappeln zwischen Forstmeisterbrücke und Fischerdörfelbrücke wurden durch Neue ersetzt.



Völlig geradlinig verläuft der Forstmeisterkanal vom Wehr (nahe beim Parkeingang Flieger und Flieger) bis zur Einmündung in den Schloßteich. Seine Länge beträgt auf dieser Strecke (in Google Earth gemessen) etwa 1760 Meter. Drei Brücken erlauben es den Forstmeisterkanal zu überqueren: Die ‚Forstmeisterbrücke‘ am Ende des Palamayganges, die nach dem naheliegenden Fischerdörfl benannte ‚Fischerdörflbrücke‘, die in der sogenannten ‚Münchendorfer Achse‘ erbaut wurde, und eben die Brücke beim Wasserfall.

Übrigens, die ‚Münchendorfer-Achse‘ war früher eine tatsächliche Sichtverbindung vom Kirchturm in Laxenburg zum Kirchturm in Münchendorf und nicht zufällig liegen daher auf dieser Achse sowohl die ‚Löwenbrücke‘, als auch die ‚Fischerdörflbrücke‘.

Bei niedrigen Wasserstand im Teich, oder, wenn durch Hochwasser bedingt, Wasser durch den Teich geleitet werden muß, hört man das Rauschen des Wassers schon von weitem, wenn es über die Kaskade fällt.

Erzherzogin Marie Louise („Ludovica“) schrieb 1802 an den Herrn Papa, an Kaiser Franz II. (HHStA. FA Sammelbände 39, Laxenburg 3. September 1802, fol.9):

„… Die neue Cascade läuft fast alle Tage, Gestern die Hunde sein im Spazierengehen so nachgelofen einen Hasen daß der kein anderes Mittel gefunden hat zu entrinnen als sich ins Wasser zu stürzen und durchzuschwimmen gestern habe ich einen kleinen Knaben im Prater gesehen der ohngefähr 3 Jahre alst war das Centrum in dem Vogelschiessen mit einer erstaunlichen Geschicklichkeit fast immer der Boeller losgegangen ist und den Vogel ohne Hülfe gehalten hat. …“

Am unteren Ende des Wasserfalls befindet sich ein kleiner Rastplatz. Von dort aus kann man, über den Kanal hinweg, das große Eingangstor zur früher genutzten Baumschule sehen. Die beiden Steinsäulen und das große Gittertor, wurden im Jahre 2002 renoviert.



Auch wenn die abgebildeten Bäume heute keine „Setzlinge“ mehr sind, so erkennt man doch noch die in Reih‘ und Glied ausgerichtete Bepflanzung, wie sie für eine Baumschule typisch ist.

Die über den Forstmeisterkanal führende ‚Wasserfallbrücke‘ hat Eduard Gurk auf seinem Bild nicht gezeichnet, weil sie damals wahrscheinlich nicht vorhanden war. Die beiden auf Steinsockeln ruhenden Sphinxen und die darunterliegenden Reliefs sind jedoch deutlich abgebildet. Ebenso die beide Ufer flankierenden Pappelalleen. Die „Cascade“, der Wasserfall, befand sich offensichtlich ein gutes Stück weiter Richtung Westen. Auch eine Art Fährschiff ist zu erkennen, mittels der Besucher offensichtlich von einem Ufer an das andere gelangen konnten. Interessant ist allerdings, daß keiner der namhaften „Berichterstatter“ aus dieser Zeit auf diese Art der Beförderung hingewiesen hat. 


  
Quelle: "Der malerische Landschaftspark in Laxenburg bei Wien", Géza Hajos, Seite 124, Eduard Gurk, "Die große Kaskade", Stich um 1820; Photo H.Suck





In der linken oberen Ecke der Postkarte aus dem Jahre 1900 kann man den relativ großen „Kaffeeschank“ erkennen, der 1852 hier in der Nähe errichtet wurde. 

Ursache für die Erbauung des neuen Kaffeehauses war ein „Alkoholproblem“ in der alten Meierei. Ein Dokument aus dem Haus- Hof- und Staatsarchiv vom April 1852 beschreibt es folgend:

„In früherer Zeit wurde in der Meierei zu Laxenburg von dem dortigen Gartenmeier Kaffee, Milch, und selbst Bier und Wein an das Publikum ausgeschenkt. Dieß wurde wegen der durch Betrunkene veranlaßten, das Dekorum eines Hofgartens verletzenden Unordnungen, dann wegen der von Seite der besteuerten Laxenburger Gast- und Kaffeewirthe dawider als eine Gewerbsbeeinträchtigung erhobene Beschwerde abgestellt. Durch die anruhende allerhöchste Entschließunmg vom 3. Dezember 1842 wurde dieses Verboth bestätigt, auf wiederholte Bitten des Gartenmaiers aber ihm durch die gehorsamst reproduzirte allerhöchste Resoluzion vom 2. August 1843 ausnahmsweise das Ausschenken von Kaffee und Milch /:mit Ausschluß geistiger Getränke:/, jedoch nur für Personen des allerhöchsten Hofstaates und unter der Bedingung gestattet, daß es von diesem Zugeständniße im Falle eines Mißbrauches sogleich wieder abzukommen habe.“

Nahe der Baumschule ist das verfallene Mauerwerk eines kleinen „Gebäudes“ erhalten geblieben, das vor 2002 wegen seines desolaten Zustandes und der Überwucherung durch Pflanzen kaum einem Wanderer aufgefallen sein dürfte. Im Herbst 2002 erfuhr dieses Objekt eine Wiederauferstehung. Denkmalschutz war dabei offensichtlich kein Thema. Die ehemals gemauerten Rundbögen der Türe und der Fenster wurden einfach ignoriert und durch rechteckige Formen ersetzt. Es soll sich bei diesem kleinen Gebäude um eines der früher im Schloßpark aufgestellten „Wachthäuser“ handeln. Sagte die Schloß Laxenburg Betriebsgesellschaft. Ob diese Hütte tatsächlich eines der in alten Berichten erwähnten Wachthäuser ist erlaube ich mir jedoch zu bezweifeln. Auf einem mir zugänglichen Plan des Schloßparks aus dem Jahre 1873 ist an dieser Stelle nahe der ‚Baumschule‘ ein ‚Objekt‘ eingezeichnet. Die heute noch erhaltenen Wachthäuser (beim Paraplue und bei der Marianneninsel) sehen völlig anders aus. Ob es wohl eher ein „Vorratshaus“ für den Kaffeeschank gewesen ist? Oder ein Unterstand bei Schlechtwetter für Arbeiter in der Baumschule? Wer kann das sagen?












 

"Wachthaus" renoviert

 
"Wachthaus" vor 2002