Freitag, 11. März 2016

Schloßhauptmann Riedl-Gasse

MICHAEL RIEDL
EDLER VON LEUENSTERN

28.01.1763 (Taufe)   -   03-09.1850





Es ist eine schmucklose, eine enge, eine unbedeutende Gasse, diese Schloßhauptmann Riedl-Gasse in der wunderschönen Marktgemeinde Laxenburg.

Insgesamt ist diese Gasse gerade einmal 190 Meter lang. Lediglich 12 Hausnummern sind vermerkt, Geschäfte sind keine vorhanden. Sie beginnt bei der Wienerstraße (nahe beim Eduard Hartmannplatz), wird kurz durch die Hofstraße unterbrochen und endet letztendlich bei der Neudorferstraße.

Namensgeber dieser Gasse ist also ein Herr Riedl, der zu irgendeiner Zeit Schloßhauptmann von, oder in Laxenburg war.

Nun, einige wenige in Europa und angrenzenden Gebieten werden es vielleicht nicht wissen, aber die Marktgemeinde Laxenburg befindet sich in Österreich, etwa 15 km Luftlinie südlich vom Zentrum der Bundeshauptstadt Wien, im Bundesland Niederösterreich. Das Gemeindegebiet hat eine Ausdehnung von ungefähr 10,6 km² und es wohnen dort etwa 2800 Menschen. Und ja, man sollte es nicht für möglich halten, aber in dem relativ kleinen Laxenburg gibt es ein kaiserliches Schloß. Also, um der Wahrheit die Ehre zu geben, es sind eigentlich zwei Schlösser die sich auf dem Gemeindegebiet von Laxenburg befinden. Das 'Alte Schloß' aus dem 12, oder 13. Jahrhundert und das 'neue' unter Kaiserin Maria Theresia erbaute Schloß. Und wären es der Schlösser nicht schon genug, in Laxenburg befindet sich auch eine Ritterburg! Die Franzensburg. Also ... sie ist quasi eine Ritterburg, denn in ihren Mauern hat niemals ein Ritter gewohnt. Und nicht zu vergessen, in Laxenburg gibt's auch einen einen fast 2,8 km² großen Schloßpark samt Schloßteich.

Gut. Herr Riedl war Schloßhauptmann. Also eine Art Kastellan, ein als Aufsichtsbeamter „zu einer Burg (Schloß) gehörender“ Verwalter. Oder sowas. Er, die Frage wird man sich doch stellen dürfen, also dieser Schloßhauptmann Riedl war der also tatsächlich so unbedeutend für Laxenburg wie diese kleine, enge, schmucklose Gasse es vermuten läßt?





Viele Berichte, Artikel in Zeitungen und Zeitschriften, zahlreiche "Wanderbeschreibungen" die schon zur "Amtszeit" des Herrn Riedl entstanden sind, aber auch Autoren aus der neueren Zeit behaupten und belegen es anders: Michael Riedl war durchaus nicht unbedeutend für Laxenburg. Nahezu einhellig wird die großartige Leistung des Schloßhauptmanns Riedl gewürdigt und lobend erwähnt. Der bekannte Kunsthistoriker Dr. Josef Zykan (1901 - 1971) würdigte Michael Riedl sogar als "spiritus rector", also als geistigen Leiter, Ideengeber, oder treibende Kraft für Park und Gebäude im Schloßpark Laxenburg. In seinem Büchlein "Laxenburg" aus dem Jahre 1969 schreibt Zykan:

"Großen Einfluß auf den Kaiser [Franz II./I.] bezüglich der Hinwendung zur Neugotik scheint also sein Privatkassier, der spätere Schloßhauptmann Michael Riedl gehabt zu haben. Gemeinsam mit Franz Jäger sen., dem kaiserlichen Steinmetzmeister, gilt er als Urheber der Franzensburg, die in einem neu erworbenen Gelände im Norden des Parks 1798 - 1801 erbaut wurde. ..."

Michael Riedl wurde 1762 in Inzersdorf, damals ein Vorort von Wien, geboren. Getauft wurde er am 28. Jänner 1763 in der röm. Kath. Kirche.

Sein Vater war der Martin Riedl, der den ehrbaren Beruf eines Müllers ausübte. Die Gattin des Martin Riedl, die Mutter des kleinen Michael, hieß Therese (ihr Mädchenname ist mir nicht bekannt).


Über die frühen Jahre des Michael Riedl, über seine Schul- oder Studienzeit konnte ich weder in Lektüre, noch im Internet etwas in Erfahrung bringen. Ein Ausschnitt aus der Grabinschrift gibt Auskunft darüber, daß Michael Riedl in der Zeit von 1781 bis 1848, heute unvorstellbare 67 Jahre lang im "Allerhöchsten Hofdienste" beschäftigt war. Michael Riedl dürfte zuerst als Bauzeichner bedienstet gewesen sein und war später "Kassier im Geheimen Kammer-Zahlamt".

Michael Riedl war verheiratet mit Elisabeth Gruber (1763 (?) - 1844) und hatte 4 Kinder: Den Sohn Josef (1786 - 1856), der war Adjunkt, also eine Art Beamter im k.k. Katastral-Archiv, Verleger, Mathematiker und Gelehrter, und die Töchter Theresia (1790 - 1863), verehelichte Kalherr, Elisabeth (1791 - 1826), verehelichte Obenaus (1), und eine weiter Tochter namens Leopoldine.

1798 wird Riedl erstmals in Bezug zu Laxenburg in einem Dokument erwähnt: "Instruktion für den geheimen Kammerzahlamtskassier Riedl: Der Kaiser [Franz II./I.] vertraut Riedl die Oberaufsicht über die Gebäude in Laxenburg, die dort befindlichen Möbel und den Garten an." (2)

In einem weiteren Dokument steht dann unter Punkt 4: "... Steht der ganze Garten dergestalten unter seiner (Riedls) Oberaufsicht, daß der Hofgärtner keine Auslagen oder sonstige Veränderungen vornehmen könne, die nicht von ihm als nothwendig befunden worden, wie er zugleich auf die Würtschaft in den erforderlichen Auslagen zu sehen hat." (3)

1798 wird Michael Riedl von "Seiner Majestät" [Kaiser Franz II./I.] mit dem Bau der Franzensburg beauftragt und nur wenig später zum Schloßhauptmann von Laxenburg bestellt:

Der Oberstkämmerer zeigt an, daß der Kaiser " ... die durch den Tod des Hofrathes Deldono in Erledigung gekommene Kammerzahlmeisterstelle nicht mehr zu ersetzten beschlossen, zur Besorgung dieser Geschäfte aber der Michael Riedl als Kassier höchst dero privat Kasse und zum Schloßhauptmann von Laxenburg mit jährl. 3000 f (Gulden) Besoldung nebst 500 f für den Wagen, welchen letzteren Betrag er aus der Hofbaukasse zu empfangen hat, zu ernennen geruht haben." (4)

Ab 1800 war Michael Riedl also Schloßhauptmann von Laxenburg. 1811 erfolgte seine Ernennung zum Bau- Garten- und Mobiliendirektor und später auch zum Schloßhauptmann von Schönbrunn und Hetzendorf. 1835 wurde Michael Riedl in den Adelsstand erhoben. Von da an führte er den Titel "Edler von Leuenstern". Außerdem war er Ritter des Constantinischen St.-Georgs-Orden.

Michael Riedl war 48 Jahre lang, bis zum Jahr 1848, Schloßhauptmann von Laxenburg. Seine wohlverdiente "Pension" durfte er nur zwei Jahre lang genießen. Michael Riedl starb 1850 im Alter von 88 Jahren in Baden bei Wien.

Das Grab des Michael Riedl, Edler von Leuenstern und seiner Gattin Elisabeth befindet sich am Friedhof in Laxenburg.



Auf der Grabplatte lautet der Adelstitel fälschlich "Leienstern", was meine These bestätigt, daß nicht alles was "in Stein gemeißelt" ist auch wahr sein muß.

"Juwel vor den Toren Wiens". So lautet der Untertitel der neuen Chronik des Ortes, des neuen, des grandiosen "Heimatbuches" von Laxenburg (5). Und ein Juwel ist Laxenburg in der Tat. Ob allerdings wirklich " ... die Revitalisierung des ehemaligen Kaiserbahnhofes, das Filmarchiv Austria, oder die Antikorruptions-Akademie .... " Laxenburg zu einem Juwel machen, wie es der ehemalige Landeshauptmann von Niederösterreich (Dr. Josef Pröll, Landeshauptmann von 1992 bis 2017) in seinem Vorwort zum "Heimatbuch" schreibt?

Die "Schloss Laxenburg Betriebsgesellschaft" veröffentlicht die Anzahl der Besucher. Rund eine Million Menschen besuchen demnach den Schloßpark Laxenburg. Jahr, für Jahr. Allerdings könnte man trefflich darüber streiten ob, und wenn ja, wie viele Menschen wegen eines Restaurants im ehemaligen Kaiserbahnhof (6), wegen des Filmarchivs Austria, oder der nahezu unbekannten Antikorruptions-Akademie nach Laxenburg pilgern. Auch könnte man lange darüber diskutieren ob der "Kaisergarten (7), oder die "Rolling Hills" Menschen dazu bewegt einen Ausflug nach Laxenburg zu unternehmen. Aber was soll's! Es kommen Menschen, Besucher aus Nah und Fern nach Laxenburg.

Die Frage warum tatsächlich derart viele Leute Laxenburg besuchen beantwortet für mich "Google Earth":



Es ist dieser große grüne Fleck inmitten des eintönigen "Fleckerlteppichs" der umgebenden Felder. Es ist der 250 ha große Schlosspark mit seiner landschaftlichen Schönheit durch den man, wenn man will, stundenlang spazieren kann, die Franzensburg mit ihren zahlreichen Schauräumen, der 25 ha große Teich der zum ausgedehnten "Schifferfahren" einlädt.

Aber selbstverständlich hat auch der Ort nicht nur zahlreiche Sehenswürdigkeiten zu bieten. Nach ausgedehnter Wanderung durch den herrlichen Schlosspark wird Besucher gerne in einer der Gaststätten und Restaurants, im Kaffeehaus, oder im Eissalon (!) die kulinarischen Angebote genießen.

Sicher, es war nicht die Idee des Michael Riedl den Park flächenmäßig zu erweitern, den großen (künstlich angelegten) Teich ausgraben zu lassen, die Franzensburg, den "Rittergau" zu errichten. Dieses Verdienst muß man schon dem damals regierenden Monarchen zuschreiben, dem Kaiser Franz II. / I. Idee und Finanzierung ist jedoch nur die eine Seite der Medaille. Die Ausführung, die Kontrolle über das Projekt aber die Andere.

Und mit der Ausführung war Schloßhauptmann Riedl beauftragt. Michael Riedl war es, der unter anderem die Bauführung der Franzensburg leitete, der auf ausgedehnten Reisen Spolien, Baumaterial, Möbel, Einrichtungsgegenstände für die "Ritterburg" besorgte, der den "Rittergau" realisierte.

Auf einem der großen Glasbilder im "neuen Vogthof" der Franzensburg sind einige der Meisterwerke des Michael Riedl zu sehen.


Oben ist der "Turnierplatz" zu erkennen, links darunter die "Rittersäule", rechts daneben die "Rittergruft". Zentral in der Mitte das Hauptwerk, die "Franzensburg". Links unten ist die "Gothische Brücke" dargestellt und rechts die einstige "Meierei", vor der leider nur ein rudimentärer Teil, der "Taubenschlag", erhalten geblieben ist.

Ich will gar nicht bestreiten, daß Laxenburg auch ohne Kaiserresidenz, ohne Schlösser, den Schlosspark, und einigen Palais ein wunderschöner Ort, eine sehr liebenswerte Gemeinde im Herzen von Niederösterreich geworden wäre. Aber eben nur ein Ort wie viele andere in unmittelbarer Umgebung auch.

Als "Schauobjekt" (weil die Innenräume nicht zugänglich sind) das "Alte Schloß". Für Wanderungen der Schlosspark, zum Besichtigen die "Franzensburg" und für Bootfahrten  der große Teich. Das sind die wahren "Magneten" die Besucher nach Laxenburg ziehen.

Und an der Realisierung nicht nur der Franzensburg, auch vieler anderer Bauten und an der Verschönerung und Ausweitung des Parks und des Teiches hat dieser Schloßhauptmann Michael Riedl, Edler von Leuenstern ganz erheblichen Anteil.

Leider befinden sich, mit Ausnahme der Franzensburg viele der Bauwerke des Michael Riedl in einem wahrhaft bedauernswerten Zustand. Der Schloßpark in Laxenburg, er bräuchte halt einen "neuen" Riedl (er dürfte auch gerne Pechlaner heißen).

Ich gehe sehr oft durch diese kleine unscheinbare Gasse, durch die "Schloßhauptmann Riedl-Gasse". Und dann denke ich mitunter an den bedeutenden Mann, der so viel für dieses Laxenburg geleistet hat.


Michael Riedl, Edler von Leuenstern

  1. Joseph Freiherr von Obenaus (1780 - 1841): 1809 mit der Erziehung von Erzherzog Franz Karl (Sohn von Kaiser Franz II./I.) betraut. 1824 war die Erziehung vollendet und Obenaus bekam dafür den Stephans-Orden. Zugleich unterrichtete er bis 1819 die Erzherzoginnen Leopoldine, Klementine und Karoline (Töchter Kaiser Franz II./I) in Geographie und Statistik (Geschichte?). 1818 wurde er zum Regierungsrat ernannt. Im Jänner 1825 wurde er zum Erzieher für den Herzog von Reichsstadt erwählt. Dafür wurde er von der Herzogin von Parma zum Ritter, und 1830 zum Kommandeur des kaiserl. Konstantinischen St. Georgs-Ordens ernannt. Seine Grabstätte befindet sich am Friedhof in Laxenburg.
  2. HHStA, GDPFF, Ältere Reihe, Fasz. Blau4, Konvolut Laxenburg-Vösendorf, fol156ff, 1798
  3. HHStA, GDPFF, Ältere Reihe, Fasz. Blau4, Konvolut Laxenburg-Vösendorf, fol156ff, 1798
  4. HHStA, OMeA,Prot. 58, Nr 111/1800, 21. Jänner 1800
  5. ZU beziehen am Gemeindeamt der Marktgemeinde Laxenburg
  6. Im "Kaiserbahnhof" befindet sich derzeit ein Restaurant und eine Veranstaltungshalle der Gemeinde.
  7. Ein "Abfallprodukt" des sündhaft teuren "Gartenfestival Baden, Bad Vöslau, und Laxenburg" im Jahre 2010.

1 Kommentar:

  1. ein spannender Bericht über diese interessante Person, dessen Namenszug in der gleichnamigen Gasse so gar nichts Bedeutungsvolles zu verheissen mag...übrigens, ich bin seit Kurzem Bewohner der Schloßhauptmann Riedl-Gasse...:-) Vielen Dank für die Erklärungen

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